Vorlesungsblog zu der im Wintersemester 06/07 an der Universität Wien angebotenen Vorlesung "Die UNO im 21. Jahrhundert". Vortragender: Thomas Stelzer

Montag, November 13, 2006

Einheit 4 - 13.11.2006

Einheit 4 - 13.11.2006

Organisatorisches:

Nächste Vorlesung in der VIC von 15:00-18:00 (Nachholung der ersten Vorlesung)

UNODC/UNIDO werden als Thema behandelt.

Auch die anderen beiden Behörden (CTBTO & Atomenergiebehörde -> 11.12. Block in der UNO) bechäftigen sich mit menschlicher Sicherheit (freedom from fear & freedom from bombs)

2 der 4 Fragen bei der Prüfung beziehen sich auf die Aufgaben der Organisationen in Wien!

Andere 2 Fragen -> Rest der VO-Inhaltes

Früher anwesend sein nächste Woche ist von Vorteil (ca. 14:30)

Raum der VO: UNIDO-Board-Room (4. Stock Hauptgebäude)

Inhaltliches:

New York Sicherheitsrat -> Entwicklung: Wahl ist abgeschlossen, Panama im SR, wichtige Entwicklung im SR letzte Woche: Israelische Angriffe in Gaza hat den SR aktiviert – Verhandlungen über den Vorfall, Resolutionsentwurf wurde eingebracht vom SR (eingebracht von Qatar -> Interesse an der eigenen Region), Text fand keine Mehrheit, Überarbeitung des Textes – Abstimmung darüber

Operative Teil des Textes: Wie viel kann man den Mitgliedern zumuten? (zuerst „Israel’s agression“ dann „Israel’s military operation“ -> Frage der Formulierung ist wichtig)

Zuerst gibt es informelle Gespräche (Delegationen der 15 + Sekretariat = ca. 60 Personen), in denen werden teilweise über einzelne Worte/Formulierungen gestritten. Ergebnisse werden von Botschaftern an die Presse weitergeleitet

Die öffentliche Sitzung wird erst nach Formulierung des Textes eröffnet, wenn man glaubt eine Mehrheit finden zu können. Besonders interessierte Delegationen werden eingeladen (z.B. Libanon oder Iran).

Resolution über Israel/Gaza (behandelte Israels Aktionen sowie Raketenangriffe der Palästinenser -> Verurteilung von beiden Aktionen) hatte eigentlich eine Mehrheit (9 Stimmen) -> 10 stimmten für die Resolution, USA setze jedoch das Vetorecht ein!

Resolution hätte diplomatisches Quartett der Nahostproblematik (UNO-Generalsekretär, 2 Staaten, EU sowie RUS) veranlasst Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung zu setzen.

Nach Abstimmung werden Erklärungen abgegeben.

Möglichkeit weiter zu machen: GV kann sich zu einer Notstandssondersitzung treffen (Resolution „Uniting for Peace“ 1950/5. Generalversammlung -> alle Resolutionen im Internet!, im Moment gibt es 61. GV)

Resolution besagt wenn eines der 5P das Veto einlegt und der SR nicht weiterkommt kann die GV die Rolle des SR annehmen und kollektive Zwangsmaßnahmen verhängen!
Bisher gab es 10 Notstandsgeneralsversammlungen gegeben, die letzte 1997: „Illegal Israel Action …“ -> 9 Stimmen und kein Veto sind für solche GV notwendig!

GV hat viel beschränktere Möglichkeiten als der SR!

10 Stimmen für die Resolution (Israel/Gaza) wird trotz allem eine politische Wirkung haben, auch wenn Veto durch die USA.

Grundsätze und Ziele der Vereinten Nationen:

Siehe Charta (auch im Internet) der UN, Artikel 1 und 2.

Präambel nimmt einiges davon bereits vorweg (ad hoc entstanden in San Francisco, nicht immer in Übereinstimmung mit den Artikeln)

111 Artikel insgesamt in der Charta, muss flexibel genug für Veränderungen sein.

Akzeptierte Grundlage für das Völkerrecht!

„Weltverfassung“ ist etwas weit hergeholt.

Satzung der UN steht über allem Recht!

Ziele der UN sind nicht genau definiert, müssen interpretiert werden. Sanktionen bei Verstößen, Kompetenzabgrenzungen zwischen den Institutionen sind nicht vorgeschrieben.

Innenpolitiken der Staaten sind ebenso betroffen, Satzungen gehen teilweise sehr weit!

Von 19 Kapiteln sind die ersten 2 und die Präambel am wichtigsten -> werden als Grundlage der UN bezeichnet!
Man muss die Satzung mit einer 60jährigen Anwendungspraxis lesen und verstehen.

Artikel stehen in einer starken Beziehung zueinander, Themenfelder werden in verschiedenen Kapiteln angesprochen.

Beginn der Charta: „We the peoples of the UN...” -> im Zentrum der UN stehen die Völker, nicht die Staaten!

Grundrechte der Menschen sind in der Präambel vorhanden.

Gleichheitsgrundsatz in Artikel 2 festgeschrieben.

Gewaltverbot der UN!

Ziele der Vereinten Nationen

Artikel 1.1 -> Friedenssicherung:

Aufrechterhaltung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit: dafür wurden die UN gegründet, nach dem 2. WK!
Alle Ziele der UN dienen diesem einen Ziel (Weltfrieden u. internationale Sicherheit)

Dieses Begriffspaar war schon im Völkerbund bestimmend.

Nachhaltige Sicherung von Frieden.

„Peace“ ist in der Charta nicht definiert, kommt aber 52mal vor, 32mal in Zusammenhang mit „Weltfrieden“ oder „internationalen Frieden“.

Kollektive Sicherheit, Unterdrückung von Angriffshandlungen stehen im Vordergrund (muss im Zusammenhang mt Artikel 6 und 7 gelesen werden)

Allein der SR stellt einen Friedensbruch oder eine Angriffshandlung fest!

Es gibt keine Definition von Angriffshandlungen!

Entscheidung ist immer politisch und muss akzeptiert werden, SR hält sich hier nicht an Vorgaben der GV sondern entscheidet autonom!

Artikel 1.2 -> Pflege freundschaftlicher Beziehungen:

Souveräne Gleichstellung der Völker, Selbstbestimmungsrecht -> 2 Dimensionen: äußere Dimension: Recht auf einen eigenen Staat, innen: Recht auf „good governance“ (bereits definiert). Paradoxon der UNO: P5 können sich gegen alles wehren und es ablehnen.

UNO = subtiler Mechanismus, der sich mit jedem globalen Thema beschäftigen (kann).

Jede Resolution reflektiert den Status-Quo zu diesem Thema, Nachteil und Kritik an der UNO: Thema kann extrem verwässert werden, durch extrem viele verschiedene Positionen!

Jeder Fortschritt in der UNO ist langsam, aber Besonderheit der UNO: eine Konsensresolution kann theoretisch von einem noch so kleinen Land erreicht werden, z.B. nahm Österreich starken Einfluss im Seerecht.

Große Sprünge können in der UNO jedoch nicht vollzogen werden.

Artikel 1.3 -> Internationale Zusammenarbeit: legitimiert die UN sich mit allen Fragen zu befassen die über rein innerstaatliche Angelegenheiten hinausgehen!

Achtung der Menschenrechte, Kooperationsgebot in Artikel 1.3!
-> UN als Plattform/Forum für internationalen Dialog

Gipfel 2005: 167 Staats- und Regierungschefs, Beschränkung der Redezeit von 5 Minuten (nicht durchsetzbar).


Generaldebatte der GV (1mal pro Jahr) -> keine Redezeitbeschränkung für die Staaten

ADVOCACY & TECHNICAL CAPACITY BUILDING (Frage kommt an einem der 4 Prüfungstermine!) -> Säulen der UNO (Bewusstmachung [wozu braucht man die UNO? Wie löst man Konflikte friedlich? Möglichkeit zur Beteiligung? -> all dies ist Advocacy])

Artikel 1.4 -> Verwirklichung gemeinsamer Ziele [ ? ]

„Weltregierung“

15.11.2006 -> Neuer Generalsekretär kommt in NY an, übernimmt ab 1. Jänner 2007

Koffi Annan: 10 Jahre UNO (Generalsekretär ist zusammen mit Sekretariats genannt, alle anderen sind weisungsgebunden)

Sekretariat hilft dem Sekretär seine Ziele umzusetzen, ist eingeteilt in 7 Hauptsektionen


Aufgaben des GS sind sowohl politisch & administrativ

CEB (Chief Executive Board – besteht aus 3 Gruppen) -> Heads der 27 Teilorganisationen treffen sich, GS steht dieser Versammlung vor.

Unterstützt wird das CEB von 2 Commitees

Initiativrecht des GS: Kann SR über relevante Themen informieren (sagt man was der SR hören will oder was er hören sollte? Bsp.: Irakkrieg, GS nahm Stellung zu Menschenrechte im Irakkrieg).

Dienstag, November 07, 2006

Einheit 3 - 06.11.2006

Organisatorisches:

Terminvereinbarung: 11.12.2006 UNO-CITY Besuch, Anmeldung dazu auf einer Liste (wenn man dazu kam)

In der UNO-City werden Doppelstunden abgehalten, zweiter Termin wird noch folgen.

Daten sind für die UNO von Nöten.

Inhaltliches:


Der Konflikt Venezuela vs. Guatemala um den Sitz im Sicherheitsrat ging nach 34 Abstimmungsrunden mit einer beidseitigen Verzichtserklärung zu Ende. Als Kompromisskandidat wurde Panama auserwählt – nominiert werden Kandidaten für den Sicherheitsrat von der jeweiligen Landesgruppe.

2/3 der anwesenden Mitglieder sind notwendig (minus Enthaltungen) – über jeden Staat wird einzeln abgestimmt, bei mehreren Kandidaturen gewinnt jenes Land, das über eine 2/3 Mehrheit sowie über die meisten Stimmen verfügt.

2009 ist Österreich zusammen mit Island und der Türkei Kandidat für den SR, schwere Gegner da Island die skandinavischen Länder hinter sich wähnen kann, skandinavische Länder haben in der UNO außerdem ein sehr hohes „Standing“, da sie enorm viel in Entwicklungshilfe (zusammen mit den Niederlanden) investieren, Norwegen gilt hier als Spitzenreiter der UN mit mehr als 1% des BIP. Langfristiges Ziel ist es, dass jeder Staat 0,7% seines BIP für Entwicklungshilfe zur Verfügung stellt.

Das zweite lateinamerikanische Land im SR ist Peru. Peru übernahm im November den Vorsitz im SR für einen Monat. Europa ist ab Jänner mit Belgien, Italien sowie den zwei ständigen Mitgliedern UK sowie Frankreich vertreten.

Wer kann Mitglied in der UNO werden?
Antwort: „All peace loving states“, wird in der Charta der UN festgesetzt – Artikel 3 bis 6

Bedingung für eine Aufnahme ist nationalstaatliche Souveränität, dies ist diskussionswürdig (vgl. Problematik rund um Taiwan)

Prozess für eine Mitgliedschaft:

Die GV entscheidet auf Empfehlung des SR hin

Zwischen 1949 (Aufnahme Israel) und 1955 (Aufnahme Österreich) gab es keine Beitritte, Ursache dafür war der Kalte Krieg, der zu einer totalen Blockade des SR führte! (US vs. UdSSR)

Eine Resolution gilt im SR als angenommen wenn 9 von 15 Staaten dafür stimmen, es darf jedoch keine Gegenstimme eines der 5P (fünf Permanente) geben, Enthaltungen der 5P sind möglich – Substanzentscheidung!

Die UNO hat kein Austrittsrecht (Indonesien zog sich von 1965 bis 66 aus der UN zurück)

Bis 1971 wurde China (von Beginn an eines der 5P) durch Taiwan im SR vertreten, es gab 2 Vertretungsansprüche für China, ab 1971 wurde dieser Anspruch Peking zuerkannt.

Erst 1973 erkannte die UNO zwei deutsche Staaten an.

Ungefähr 2000 NGOs sind bei der UNO Akkreditiert (Zuständigkeit: ECOSOC)

Der Völkerbund hatte Ähnlichkeit mit der UNO, war jedoch nicht universell – die USA ist dem Völkerbund nie beigetreten, Deutschland und Japan traten in den 30re-Jahren aus, die UdSSR wurde auf Grund des Angriffes auf Finnland ausgeschlossen.

Die UNO wurde als Antwort auf den 2. WK gegründet, den der Völkerbund, der nach dem 1. WK gegründet wurde, nicht verhindern konnte.

Entwicklung der UNO:

Siehe z.B. auch: http://www.dadalos-d.org/uno/grundkurs_2/un-entwicklung_1.htm


1941: Verkündung der Atlantik-Charta durch Churchill und Roosevelt

1942 wurde erstmals von den UN gesprochen ohne die heutige Form davon zu meinen

1943: Außenministertreffen in Moskau

daraufhin Gipfel von Teheran – Jalta („Jalta Formel“ = Vetorecht für die 5P sowie die Durchsetzung Stalins Interessen, der die Ukraine sowie Weißrussland in der UNO sehen wollte)

April – Juni 1945: Gründungskonferenz von San Francisco

Die Präambel der UN-Charta wurde ad hoc in San Francisco ausgearbeitet – die Charta trat am 24.10.1945 in Kraft (seither der „UN-DAY“)

Die Gründung fand mit 50 Staaten statt, der 51. war Polen, die UdSSR legte sich bei der Frage der Vertretung quer

Die UNO ist ein Interessensausgleich, jeder Staat vertritt seine eigenen Interessen, Bsp.: P5 geben Regeln vor, an die sie sich selbst nicht halten müssen!


Einzige Säule der UNO ist das absolute Gewaltverbot!

Zur Zeit des Kalten Krieges gab es eine totale Stagnation innerhalb des SR!

1950: Invasion S-Koreas durch N-Korea

während des Kalten Krieges war die Korea-Entscheidung die einzige Entscheidung im SR, da sich die UdSSR zurückzog (Grund: Taiwan hatte Chinas Sitz inne, dagegen protestierte die UdSSR, durch den Rückzug der UdSSR war eine Einigung möglich)

Im September 1950 kam die UdSSR aber in den SR zurück, ab diesem Zeitpunkt wurde der SR, auch in der Koreafrage!, wieder völlig unbeweglich!

Man versuchte die GV einzuschalten durch die Resolution „United for Peace“, in der festgelegt wurde, dass die GV in speziellen Fällen die Rolle des SR übernehmen kann, dies wurde jedoch nie tatsächlich angewandt.

1. Generalversammlung fand in London statt

1. Generalsekretär der UNO: Trygve Lie (Norwegen)

Anfang der 1950er übersiedelte die UNO nach New York, Grund dafür war eine finanzielle Zuwendung durch Rockefeller.

Nach Stalins Tod entspannte sich die Lage im SR wieder, er wurde von 10 auf 15 Mitglieder aufgestockt!

1950er – 1970er: Phase der Entstehung der 3. Welt (u.a. durch die Entkolonialisierung)